Gut einen Monat ist er jetzt
alt, der goldige Euro. Für die meisten ist er zwar noch nicht
greifbar und damit eher unsichtbar, doch auf den Kontoauszügen
zeigt er sich zumindest schon als Zahl. Haben oder Soll sind sozusagen
zweisprachig geworden, werden ausgewiesen in DM und Euro. Bei den
Aktien ist schon alles Euro, denn die Börse marschierte voran:
Wer Wertpapiere besitzt, wird jetzt als erstes Rechentabellen zücken
oder den Taschenrechner, um Verluste - oder besser noch - Gewinne
umzurechnen. Vielen mag nach dem ersten Blick auf die Zahlen der Schreck
in die Glieder gefahren sein, denn
die Kurse in Euro hatten sich - gottlob nur optisch - halbiert (1
Euro = 1,95583 DM).
Aber ansonsten hat die gute, alte Mark eine Schonfrist. Doch kluge
Anleger sollten nicht mehr allzulange mit ihr rechnen und allein auf
deutsche Wertarbeit setzen. Wer die Kurse zum Nachkaufen nutzen will
und ein gewisses Risiko bei dem derzeit niedrigen Zinsniveau
nicht scheut, der sollte sich in Europa umschauen. Wer auf der sicheren
Seite bleiben will, für den sind deutsche Staatsanleihen natürlich
nach wie vor eine solide Sache.
Einige Geschäfte geben sich seit Monaten als Trendsetter: Da
kostet die Designer-Jeans vermeintlich nicht mehr 179 DM, sondern
auf dem Schild steht auch der Euro-Preis. Und der liest sich irgendwie
freundlicher - zumindest zahlenmäßig sieht es nach viel
weniger aus.
Doch das täuscht natürlich - genau wie beim Shopping in
New York oder beim Urlaub in Kalifornien, wenn man nur auf die Zahlen
schaut und vergißt, daß die Preise in Dollars angegeben
sind. An der Kasse aber bleibt derzeit bei den fortschrittlichsten
Läden alles beim alten: Gezahlt wir in Mark und Pfennig, was
ja voraussichtlich noch bei den meisten etwa drei Jahre lang so bleibt.
Bis dahin sind beide Währungen zumindest gleichberechtigt.
Wir blicken zwar optimistisch in die Zukunft, vergießen aber
trotzdem schon mal eine Abschiedsträne nach mehr als fünfzig
Jahren Deutsche Mark - auch wenn das im Vergleich zu anderen geradewegs
ein Pappenstiel ist. Wir trösten uns mit den Griechen, die ja
so
schnell wie möglich auch in die Währungsunion aufgenommen
werden wollen. Klappt das, dann verlieren sie nach 2500 Jahren ihre
Drachme. Das ist doch ganz was anderes, oder?
Und nachdem wir nun schon die Antike bemühen, muß auch
noch ein lateinischer Wahlspruch her: Pecunia non olet. Für alle,
die das Kleine Latinum nicht mehr präsent haben: Geld stinkt
nicht, sondern es regiert die Welt.
Rita Korn |